Studie: Glaubwürdigkeitsattributoren in der TV-Werbung
Lehrveranstaltung Kommunikationsprojekt im sose 2015
Prof. Dr. Wolfgang Fuchs
Studie: Glaubwürdigkeitsattribute werden in der TV-Werbung kaum
EINGESETZT
Eine Studie zur Verwendung von Glaubwürdigkeitsattributen in der TV-Werbung war das Thema des Kommunikationsprojektes im Sommersemester 2015 unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Fuchs. Die Glaubwürdigkeit von Fernsehwerbung ist in der heutigen Zeit wichtiger als je zuvor, denn in keinen Werbeträgerkanal fließt mehr Geld als in diesen. Dank neuer Informations- und Kommunikationsangebote gelangen die Konsumenten einfacher an Unternehmens- und Produktdaten. Sie stehen der Werbung zunehmend skeptischer gegenüber und lassen sich kaum mehr durch herkömmliche Werbe- und PR-Strategien beeinflussen.
Laut der von den Studierenden durchgeführten Untersuchung, setzen Werbetreibende in der TV-Werbung kaum Indikatoren ein, welche die Glaubwürdigkeit verstärken.
Untersucht wurde, inwiefern theoretische Gestaltungsempfehlungen in der Praxis berücksichtigt werden. Für die Studie wurden insgesamt 150 TV-Spots, jeweils 50 aus den Produktkategorien Körperpflege, Finanzen/Versicherungen und Milchprodukte, analysiert. Als Grundlage diente ein eigens entwickeltes Codierschema, aufbauend auf bisherigen Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Die Eigenschaften des Kommunikators und der Botschaft, sowie die Dramaturgie standen dabei im Fokus.
Klassische Mittel zur Erzeugung von Glaubwürdigkeit, wie beispielsweise der Einsatz von Wissenschaftlern und Experten sowie die Verwendung von Fachbegriffen, werden in den analysierten Spots kaum eingesetzt. So nutzen die Werbenden kaum statistische Angaben. Lediglich in einigen Spots für Körperpflegeprodukte (22%) werden die Werbeversprechen mit Zahlen und Fakten belegt.
Ein- statt zweiseitige Botschaften sind in jeder Produktkategorie die Regel. Das bedeutet, dass nur positive Merkmale der beworbenen Leistung kommuniziert werden. Mögliche Nachteile, die das Gefühl der Ehrlichkeit bei den Zuschauern wecken könnten, werden nicht genannt. Stilelemente wie Metaphern, personalisierende Elemente und Vergleiche finden entweder „gar nicht“ oder nur „wenig“ Verwendung.
Besonders die Kategorien Körperpflege (86%) und Versicherungen (72%) zeichnen sich durch inhaltsorientierte Spots aus. Dagegen setzt man in den TV-Spots für Milchprodukte auffallend oft Kühe auf einer grünen Weide, idyllische Alpenlandschaften, Gartenszenen, Familien oder Paare und Dialekte ein. Mithilfe dieser Elemente soll die Authentizität und Natürlichkeit der beworbenen Produkte widergespiegelt und somit Glaubwürdigkeit vermittelt werden.
Hinsichtlich der Dramaturgie setzen die Unternehmen aller drei Produktkategorien mit Abstand am häufigsten auf typische Verbraucher, Produktdemonstrationen oder Slice of Life-Szenen. Alltagssituationen und Personen, die den Mitgliedern einer Zielgruppe ähneln, wirken authentisch. Der Konsument kann sich somit besser mit der Werbung identifizieren.
Bis auf wenige Ausnahmen blicken die Personen nicht oder nur selten direkt in die Kamera. Möglicherweise befürchten Werbetreibende, dass zu häufiger Blickkontakt als unerwünschte Beeinflussungsabsicht wahrgenommen werden könnte. Die Mimik und die Körperbewegungen sind ebenfalls nicht sehr ausgeprägt. Auffallend oft sind die Sprecher gar nicht erst sichtbar. Nur ihre Stimme ertönt aus dem Off.
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Werbende heutzutage auf einige Maßnahmen verzichten. Die Studien von Carl Hovland, welche die Glaubwürdigkeitsforschung prägen, sind bereits über sechzig Jahre alt und ursprünglich nicht auf die werbliche Kommunikation ausgerichtet. Trotz der Relevanz des Themas existieren kaum aktuelle Studien und Erkenntnisse. Ein weiteres Problem ist, dass werbliche Inhalte aufgrund der enormen Reizüberflutung nur noch oberflächlich von den Zuschauern verarbeitet werden. Nicht nur die Anzahl und Dauer der Werbeunterbrechungen im Fernsehen nehmen zu. Konsumenten werden mittlerweile auch in digitalen Medienkanälen mit Werbespots konfrontiert.
Diesen Trend haben einige Unternehmen und Agenturen erkannt. Sie versuchen den Konsumenten mit einfachen Formulierungen und klaren, eindeutigen Botschaften zu überzeugen, anstatt ihn mit Fachbegriffen und komplizierten Satzkonstruktionen zu verwirren oder zu überfordern. Diese und andere Faktoren, beispielsweise auch der geringe Grad an Körperbewegungen, führen zu einer gewissen Entschleunigung, die der Reizüberflutung des Konsumenten entgegenwirken soll.
Das Ergebnis zeigt, dass sich zwar einige dieser konventionellen Techniken bis heute bewährt haben, viele aber nicht mehr mit dem heutigen Stellenwert von Fernsehwerbung im Verhältnis stehen. Daher sollte das Thema Glaubwürdigkeit in der Werbung weiterhin Gegenstand der Forschung sein.
Die komplette Studie finden Sie hier ebenso wie die entsprechend aufbereitete Präsentation.
Studentisches Team (von links): Melanie Dennstedt, Mara Seitzer, Nicole Kramer, Jannik Linder, Heidi Murkowski, Celine Kloss, auf dem Bild fehlt Beate Kettschik.